Natur, Licht und Weite

Draußen ist’s zur Winterzeit oft kalt und grau, drinnen heimelig – zumindest, wenn die eigenen vier Wände gut geplant sind. Welche Trends zur Gestaltung von Wohnräumen derzeit dominieren, verrät Architekt Michael Haderer, der die Neugestaltung der HYPO Filialen Wien und Bindermichl mitprägte, im Gespräch mit der HYPO Time. 

„Bei der Gestaltung von Wohnräumen wird heute wesentlich großzügiger und offener gedacht“,

erklärt Architekt und Geschäftsführer Michael Haderer von der Architekturwerkstatt Haderer in Pregarten. So verschmelzen oftmals Wohn-, Ess- und Küchenbereich in einem einzigen Raum und vermitteln ein Gefühl von Weite.

Diese Ein-Raum-Lösungen schaffen ein größeres Raumvolumen und eröffnen Blickachsen. Dieses Konzept findet sich nicht nur im Wohnbereich, sondern auch in der immer beliebteren Kombination aus Schlafbereich und Badezimmer – wie sie seit einigen Jahren auch in modernen Hotelzimmern gang und gäbe ist. 

En vogue ist auch die Integration des Außenraums. „Eine große Glasfront, die den Blick auf Terrasse oder Garten ermöglicht, holt den Außenbereich visuell in den Wohnbereich“, sagt Haderer. Nicht nur bei größeren Wohnprojekten, auch in Wohnungen mit geräumigeren Loggien oder Balkonen mit einer gewissen Tiefe lässt sich der Großzügigkeitsgedanke auf diese Weise umsetzen.  

 

Natur schlägt Synthetik

Bei der Auswahl von Oberflächen sieht Haderer einen Trend zu Natürlichkeit und Nachhaltigkeit: „Die Menschen gehen weg von Synthetik und wählen lieber natürliche Materialien wie unbehandeltes Holz oder raues Leder“, so Haderer. Dass Naturprodukte wie etwa Spaltleder mit fortschreitender Nutzung Gebrauchsspuren zeigen, ist durchaus erwünscht und Teil eines neuen Wohnbewusstseins. Dieser Trend ist auch bei Bodenbelägen erkennbar. Ein Beispiel dafür ist die Renaissance regionaler Hölzer wie der österreichischen Tanne – eine bewusste Wahl, die etwa im Vergleich zur sibirischen Lerche Transportwege reduziert und Ressourcen schont. Zur Dämmung wird häufiger auf Öko-Stoffe wie Holzfaser oder Flachs gesetzt – diese sind zwar anfänglich teurer, rechnen sich aber langfristig und werden aktuell mit einem Ökodämmstoff-Bonus gefördert.

Bei der Farbgebung von Innenräumen dominieren mittlerweile sanfte Naturtöne. „Kräftige Kontraste weichen immer mehr einem Ton-in-Ton-Look in pastelligen, warmen Nuancen“, sagt Haderer und beschreibt damit den Trend weg von Hochglanzoberflächen und hin zu einer matten, zurückhaltenden Farbgebung. 

Ansichtsfoto einer modernen Wohnung
© Erich Sinzinger; alle Rechte vorbehalten
Der Einsatz von indirektem Licht sorgt für Wohlfühlatmosphäre.
Ansichtsfoto einer modernen Wohnung
© Erich Sinzinger; alle Rechte vorbehalten
Selbst das Bad kann offener geplant werden – wie häufig in modernen Hotelzimmern anzutreffen.

Es werde Licht

Eine immer größere Rolle bei der Wohnraumgestaltung spielt das Thema Licht. Mittels LED-Technologie und Zeitschaltung lässt sich Tageslicht – das morgens und abends warm, und mittags eher hart erscheint – auch mit Kunstlicht gekonnt imitieren, ein und dieselbe Lampe leuchtet im Tagesverlauf also in verschiedenen Farbtemperaturen. Haderer empfiehlt zudem den Einsatz indirekter Lichtquellen, die ihre Beleuchtungswirkung durch Reflektion entfalten, zum Beispiel an Wänden: „Damit lässt sich gestalterisch sehr viel machen und eine heimelige Lichtstimmung erzeugen, gerade jetzt in der Winterzeit.“

Antizipative Barrierefreiheit

Ein weiterer „Trend“ im Wohnbereich, der in erster Linie funktionaler Natur ist, ist das Thema Barrierefreiheit. „Das Bewusstsein dafür, dass Wohnräume möglichst langfristig nutzbar und auch im Alter gut zugänglich sein sollten, steigt.“ Dazu gehören zum Beispiel ausreichend Bewegungsflächen in Badezimmern und die Planung breiter Türen. Auch jüngere Menschen erkennen zunehmend den Wert dieser vorausschauenden Planung, so Haderer.

Für ihn als Architekten ist und bleibt die größte Herausforderung aber – ungeachtet jeglicher Trends – herauszufinden, welche Wohnumgebung den Bedürfnissen des jeweiligen Menschen entspricht: „Es ist nicht schwer, einfach eine „coole Hütte“ zu planen. Die Challenge besteht für mich darin, Menschen dazu zu bringen, konkret zu formulieren, wie sie gerne leben möchten. Das herauszukitzeln, hat fast schon etwas von psychologischer Arbeit“, gibt Haderer einen spannenden Einblick in seine Tätigkeit.